
Foto: Außenansicht Theater Münster (Foto: Rüdiger Wölk, 2011) (via Wikipedia)
Das Theater Münster hatte im Januar zur Premiere von „Nachkommen. Ein lautes Schweigen!“ eingeladen (Buch u. Regie: Emre Akal). Offenbar war sie sehr gut besucht, darunter von 140 Schüler:innen. Eine bessere Maßnahme gegen Publikumsschwund kann es kaum geben, als Schüler:innen frühzeitig ans Theater heranzuführen.
In der Rezension werden die Schüler so erwähnt:
Ihr Blick in die Vergangenheit ist oft defätistisch, verzichtet aber […] nicht auf derbe Komik. Diese kommt – genau wie die eine oder andere anzügliche Geste – in Teilen des Publikums nicht gut an, begeistert gleichzeitig jedoch zahlreiche der anwesenden Schüler:innen.
In den Kommentaren zur Rezension auf nachtkritik.de ging es daraufhin hoch her.
Insbesondere ein Kommentar hat für viel Aufregung gesorgt, die sich dann über Twitter weiter verbreitet hat. Mit fast 15.000 Ansichten für ein Theaterthema ein viel gesehener Tweet;
Ein Leser (oder eine Leserin) hatte geschrieben (und dabei die Lehrerin direkt adressiert):
Bei allem Respekt für Ihr Engagement: Warum mussten Sie mit Ihren Schülerinnen ausgerechnet die Premiere besuchen? Viele Angehörige und Freunde, die mit dem Ensemble die Premiere feiern wollten, bekamen deshalb keine Karte mehr. Außerdem waren die Störungen, das Gelächter und die Unruhe Ihrer Schülerinnen während der Vorstellung (und extrem in den ersten 10 Minuten) eine Zumutung für die Zuschauerinnen und vor allem für die Schauspielerinnen, die ja wegen der Premierensituation besonders angespannt sind. Sehr ambitioniert, dass Sie die Schüler*innen für das Theater begeistern wollen, aber beim nächsten Mal bitte in einer „normalen“ Vorstellung.
Es gab einige Repliken, die diese Haltung ausdrücklich kritisierten, auch die Lehrerin meldete sich erneut zu Wort:
Da die Debatte hier sehr interessant ist, melde ich mich auch als anwesende und „beschuldigte“ Lehrerin nochmal zu Wort. Zugegeben, die Idee, mit den Schülern und Schülerinnen zu einer Premiere für Erwachsene zu gehen, war etwas naiv! Wir waren auch besorgt, dass dies schief gehen könnte, aber wir folgten der Botschaft des neuen Theaterteams mit der Aussage, ein Theater für alle zu sein. In der Tat waren wir als Team mehr als überrascht, unsere mehr als 140 Schüler bei der Premiere so konzentriert und begeistert zu sehen. Bis zu dieser Kommentarspalten-Diskussion waren wir sogar stolz auf uns und unsere Schüler. Wir entschuldigen uns natürlich für die Störung und die Lautstärke in Teilen der Aufführung. Trotzdem kann ich gerne Feedback geben, dass Aussagen nach einer Aufführung von Schülern wie: „Wow, wann gehen wir wieder ins Theater?“ oder „Wow, die meinen auch uns!“ oder „Wow, die Figur hieß wie mein Vater, Ahmet“ ein großer Erfolg sind. Es ist das erste Mal, dass die Schüler sofort wieder ins Theater gehen wollen. Was kann man sich mehr wünschen?
In der Tat, was will man mehr!
Quelle: Brave New Häuschen. nachtkritik.de, 20.1.2023
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