Ist Digitales Theater Anti-Theater?

Die European Theatre Convention ETC hat kürzlich eine Studie der Journalistin Katie Hawthorne zum Digitalen Theater während der Pandemie veröffentlicht.

Ziel der Studie ist die Darstellung der digitalen Strategien und Geschäftsmodelle im Europäischen Kontext.

Dazu liefert die Studie einen Statusreport, stellt Erfolge, Herausforderungen und Barrieren für digitales Theater dar und präsentiert einige Case Studies.

Die ETC hat als eine ihrer drei Schlüsselstrategien für die Periode 2021 – 24 „digital readiness“ verkündet. Insofern stellt die vorliegende Untersuchungen einen Status-Report mitten im Berichtszeitraum dar.

Nicht repräsentativ

Insgesamt haben sich im April 2022 (nur) 19 Theater aus 17 Ländern beteiligt, die mehr oder weniger auskunftsfreudig und -fähig waren („this includes theatres that gave partial answers… […] It is also important to highlight that the theatres involved in this study cannot be considered representative of their country“). Die statistische Auswertung in Prozenten ist bei einer so kleinen Grundgesamtheit nicht so richtig sinnvoll, auch wenn die Studie das an einigen Stellen versucht.

Erkenntnisse

Digital theatre grew by 772% between 2019 and 2020 and remained stable in 2021, based on ticket sales.
However, theatres also report difficulties in tracking, quantifying and qualifying viewership for digital theatre, particularly for digitally distributed and located performances. It is disputed if “clicks” can be correlated with more traditional forms of viewership, and many theatres could not or did not provide such data in 2020 and 2021. Had they done so, it is likely that ticket sales (expanded to include a wider definition of viewership) would be considerably higher.

Nicht alle Theater hatten Interesse an digitalem Theater:

Digital theatre remains divisive. Of the theatres which did not produce digital theatre, 74.3% attribute this to a “lack of interest” from the creative team. It is clear that such theatres hold strong opinions about digital theatre, and many believe it to be in direct opposition to their definition of theatre-making. There are also concerns that digital distribution could replace opportunities for international touring.

Bemerkenswert ist, dass von den 19 teilnehmenden Theatern 13 der Aussage zustimmen, dass digitales Theater während der Pandemie eine kurzfristige Lösung war, aber nur 7 glauben, dass digitales Theater eine langfristige Strategie darstellen kann.

Preisgestaltung und Ticketing

Im Kapitel Pricing und Ticketing warnt die Studie wieder vor der Unvollständigkeit und teils fehlenden Nachvollziehbarkeit der Daten:

It is important to recognise that there are several gaps in this data: the numbers provided by theatres do not always add up, which could reflect internal debate or uncertainty about the digital remits or job descriptions of some roles. Missing data does not necessarily imply a zero sum.

In diesem Bereich konstatiert die Studie, dass ein Zusammenhang zwischen Pricing und verkauften Tickets nicht hergestellt werden kann. Das ist möglicherweise auch auf fehlendes Know-How zu Beginn der Pandemie zurückzuführen. In der Zwischenzeit sind einige Plattformen für Theater bereitgestellt worden, die Streaming und Ticketing integriert haben (z. B. easy-connect aus Österreich, SpectYou aus der Schweiz und nachtkritik.plus aus Deutschland) und tiefer gehende Analysen erlauben.

Zusammenfassung

Die Herstellung von digitalen Produktionen wurde von den teilnehmenden Theatern überwiegend als schwierig empfunden: es fehlte an Know-How, Geräten und ausgebildetem Personal.

Mit Blick auf das Publikum schrieb ein Theater, dass Marketing und Vertrieb der digitalen Produktionen ihr „biggest fail“ gewesen seien.

Ist digitales Theater in Wirklichkeit Anti-Theater?

Many theatres see digital (in the most general sense) to be the opposite of “live” theatre, and even as an existential threat.

Quellen:

Digital Theatre – Strategies and Business Models in European Theatre, ETC, April 2023

Der Fragebogen, ETC, April 2022