in Publikumsschwund

#Publikumsschwund & Mobbing am Schauspielhaus Zürich? – Die Intendanz hält dagegen

Schauspielhaus Zürich.
Quelle: Photo: Andreas Praefcke, CC BY 3.0 https://creativecommons.org/licenses/by/3.0, via Wikimedia Commons

Der Züricher Schauspieler Sebastian Rudolph hat eine kleine Lawine losgetreten durch seinen Beitrag „Rückkehr der Angst – Sebastian Rudolph fürchtet sich vor Gruppen mit Definitionshoheit“ im Jahresheft 2022 der Zeitschrift „theater heute“.

Er schreibt, ohne sich auf ein bestimmtes Theater oder Intendanzen zu beziehen, über die Angst, die am Theater wieder umgehe:

„Jetzt wird es gerade zum Ort derer, die richtig sind und anderen Leuten beibringen wollen, wie man auch so richtig werden kann wie sie. Und auch im Publikum sollten möglichst nur diese Leute sitzen, wobei das Theater doch eigentlich für alle Menschen gemeint und sinnvoll ist.“

Simon Strauss greift in der FAZ das Thema auf in einem Interview mit Sebastian Rudolph: „Viele haben Angst, sich zu Wort zu melden“ (Paywall), dann folgt der Schweizer Tagesanzeiger, der konstatiert, der aktivistische Kurs der neuen Intendanten komme schlecht an, wer eine abweichende Meinung äußere, werde ausgegrenzt („Jetzt auch noch Mobbingvorwürfe„*, Paywall).

Die beiden Intendanten Benjamin von Blomberg und Nicolas Stemann wehren sich mit einem Statement auf der Website des Theaters und schreiben:

„Liebes Publikum,

in den letzten Tagen wurden in Schweizer und Deutschen Medien einige Artikel veröffentlicht, die unter anderem den Abonnent*innen-Schwund sowie die generelle Ausrichtung bei uns am Haus thematisieren. Einige der Berichte sind sehr kritisch, zuspitzend und tragen kampagnenhafte Züge; andere wurden genauer recherchiert, signalisieren mehr Verständnis und stellen unsere Zahlen und auch unsere Ausrichtung in einen gesellschaftspolitisch wie auch geografisch breiteren Kontext.“

Gegen die Mobbingvorwürfe verwehren sie sich entschieden. Auch Sebastian Rudolph selbst verwehre sich entschieden gegen diese Instumentalisierung seines Beitrags.

Die Intendanten schreiben weiter:

„Es gehört zur DNA unseres Hauses, Debatten zuzulassen. Wir haben intern eine Reihe von Formaten etabliert, die allen Raum geben und den Austausch fördern sollen. Verschiedenste Lebensrealitäten sollen und müssen bei uns aufeinandertreffen können. Natürlich, dessen sind wir uns alle bewusst, kommt es auch bei uns zu Auseinandersetzungen. Diese sind sogar nötig, um exzellente künstlerische Arbeit zu ermöglichen.
[…]

In Produktionen, in denen die Zusammensetzung der Beteiligten dies erforderlich macht, nehmen wir begleitende Coachings in Anspruch. So zum Beispiel bei der Inszenierung von Wilhelm Tell, bei der Laien mitgemacht haben. Darüber hinaus gibt es für den gesamten Betrieb einen KOMPASS (Code of Conduct) und ein Reglement zum Schutz der persönlichen Integrität, mittels dessen Mitarbeitende bei Bedarf eine interne Beschwerdekommission einberufen können. Zudem stehen als interne Anlaufstelle Kolleg*innen der Personalabteilung, eine Diversitätsagentin sowie mit der Organisation MOVIS zusätzlich eine externe Anlaufstelle zur Verfügung.“

Zum Publikumsschwund, der das Zürcher Theater wie viele andere im deutschsprachigen Raum (und anderswo) treffe, heißt es:

„Entsprechendes gilt für die Abo-Zahlen. Bisher haben 72 % unserer Abonnent*innen ihr Abo erneuert. Es ist klar, dass uns dies beschäftigt: die Abonnent*innen sind ein wichtiger Teil unseres Publikums, und wir wollen sie nicht verlieren. Gleichzeitig sind wir uns bewusst, dass es sich beim Rückgang der Abo-Erneuerungen um einen Trend handelt, der seit Jahren bei vielen Theaterhäusern wahrnehmbar ist – und den die Pandemie leider verstärkt hat. Angebote mit mehr Flexibilität bei der Datenwahl werden zunehmend geschätzt. Tickets werden oft am Tag der Vorstellung online oder an der Abendkasse gekauft.“

Die beiden schließen:

„Wir sind nicht frei von Fehlern und Fehleinschätzung, auch was unseren Kurs der Diversifizierung anbelangt. Wir werden dazulernen und ihn entschieden weiterverfolgen. Wir wollen ein Stadttheater für möglichst viele sein. Wir hören Ihr Feedback, ob positiv oder negativ.
[…]

Und jetzt erst recht: wir freuen uns auf Sie!

Quelle: Statement der Intendanz, Schauspielhaus Zürich, 12.10.2022

* nachtkritik.de referiert ausführlich den Inhalt des Beitrags im Schweizer Tagesanzeiger


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