
Das Magazin VISIONS hat im August eine längere Reportage zur Lage der Veranstalter und Künstler im Rock & Pop Umfeld veröffentlicht.
Trotz der von vielen „so sehnlich herbeigewünschte Konzert-Normalität“ seien die Besucher:innen nicht vollständig zurückgekehrt, man spiele z.T. vor halb leeren Hallen und sei froh, wenn 80% Auslastung erreicht werden könne, auch wenn dabei Veranstalter kaum noch etwas verdienen würden. Nicht einmal das seit vielen Jahren immer beliebtere Haldern Pop Festival am Niederrhein war ausverkauft:
„Nun müssen wir wieder plakatieren, werben und balzen.“
Stefan Reichmann, Haldern Pop Festival
Zahlreiche Bands aus dem In- und Ausland hätten Tourneen abgesagt, häufig aus einer Kombination von logistischen und Kosten-Gründen (fehlendes Personal, gestiegene Preise etc.).
VISIONS hat in einer Umfrage festgestellt, dass 30,5% der Befragten in 2022 Tickets aus 2020/21 hat verfallen lassen. Die Gründe waren vielschichtig, alleine 47 der Befragten (Gesamt: 135 TN) gaben an, am neuen Termin keine Zeit mehr gehabt zu haben, 15 hatten schlicht keine Lust. Und 77 wollten ihr Geld nicht zurück, um Künstler/Veranstalter zu unterstützen.
Bei der Frage, wie viele Tickets aus 2020/21 Anfang 2022 noch „übrig“ waren, gaben nur 14% an, kein Ticket im Besitz zu haben, immerhin 17,1% hatten 7 Tickets oder mehr und der Rest hatte zwischen 1 und 6 Tickets – das macht es sicher schwer, neue Tickets zu kaufen (Gesamt: 515 TN).
Weiter wurde gefragt, warum in 2022 voraussichtlich weniger Konzerte/Festivals besucht werden würden als vor der Pandemie. 70 Befragte (Gesamt: 155) antworteten mit „wenig Geld/finanzieller Unsicherheit“, 64 fühlten sich Menschenmengen noch nicht wohl und 30 hatten noch zu viele Tickets aus den Vorjahren für aufgeschobene Veranstaltungen.
Auch wenn das Publikum bei nachlassender Corona-Angst zurück kommt – die gestiegenen Kosten bleiben.
Der Veranstalter Bertold Seliger rechnet vor:
Es gibt in jeder Stadt nur ein begrenztes Angebot an PA- und Lichtsystemen. Das führt schon zu einer gigantischen Kostenerhöhung. Im Durchschnitt sind PAs 30 Prozent teurer geworden, Tourbusse ebenfalls zwischen 20 und 30 Prozent – ohne Spritkosten. Wenn ich ein Konzert mit 1.000 Leuten organisiere, brauche ich 60 Leute, die das organisieren. Viele davon fallen jetzt weg, weil sie als Solo-Selbstständige nicht abgesichert waren. Und die kommen auch nicht zurück. Diese Leute sind aber essenziell für das Überleben der Branche und müssen besser bezahlt und versichert werden. In dieser Branche brauchen wir nicht nur ökologische Nachhaltigkeit, sondern auch soziale Nachhaltigkeit.
Quelle: Etwas fehlt! – VISIONS-Reportage zu Publikumsmangel bei Konzerten und Festivals, Visions Online, 26.8.2022
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