in Publikumsschwund

Empirische Erkenntnisse zum Publikumsschwund – IKTF

Thomas Renz, Quelle: IKTF

Der NDR-Redakteur Jürgen Deppe hat am 4.9.2022 ein Interview mit Thomas Renz vom Institut für kulturelle Teilhabeforschung (IKTF) in Berlin geführt*. Ausgangspunkt für das Interview mit dem Kultursoziologen ist die Beobachtung, dass die Zuschauerzahlen in den Kultureinrichtungen sinken – und das dieser Publikumsschwund auch nicht auf bestimmte Altersgruppen beschränkt sei.

Allerdings sei das nachlassende Interesse kein neues Phänomen, sondern schon vor der Pandemie bekannt gewesen, auch den Kultureinrichtungen. Corona habe nur – und hier bemüht er viele andere Kommentatoren der Krise auch die Begrifflichkeit – als „Brandbeschleuniger“ gewirkt.

Laut Renz ist der Besuch von Theatern und Museen kein Altersthema (Annahme: wenn die Menschen älter werden, gehen sie häufiger, weil sie nach den Kindern und nach der Karriere wieder Zeit und Muße haben), sondern ein Generationenproblem. Die jetzigen Besucher seien quasi noch geübt darin, Kultureinrichtungen zu besuchen, nachfolgende eher nicht mehr. Insofern seien die Theater mehr denn je gezwungen, sich mit ihrem Publikum auseinanderzusetzen, Ängste abzubauen (Stichwort: Musen“tempel“) und möglicherweise auch ihr Programm an eine geänderte Stadtgesellschaft anzupassen (wobei er deutlich auf die im Grundgesetz nicht ohne Grund verankerte Kunstfreiheit verweist).

Auf die Frage, ob das Publikum auch möglicherweise deshalb ausbliebe, weil es sich an digitale Angebote gewöhnt habe, verweist Renz ausdrücklich darauf, dass Besuche vor Ort immer auch eine soziale Komponente hätten, die häufig bedeutsamer sei als der kulturelle Inhalt der Veranstaltung an sich. Die bisherige Forschung zeige klar, dass nur eine verschwindend kleine Minderheit die digitalen Angebote der Kultureinrichtungen angenommen habe.

Quelle: Das Gespräch. Ca. 30 min. NDR. 4.9.2022

* Das IKTF hat schon mehrmals Erwähnung in diesem Blog gefunden. Thomas Renz beschäftigt sich seit vielen Jahren mit empirischer und qualitativer Zuschauerforschung. Seine Dissertation wurde unter dem Titel Nicht-Besucherforschung. Die Förderung kultureller Teilhabe durch Audience Development im transcript Verlag veröffentlicht.


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