Am 1.6.2022 hostete das Institut für kulturelle Teilhabe (IKTF) in seiner Serie „kurz&knapp“ ein Panel zum Thema „Digitale Angebote – Chancen und Barrieren„. Es gab Impulsvorträge mit Rückblicken auf die digitalen Angebote von Kultureinrichtungen während der Pandemie (die gefühlt vorbei ist, aber die nächste Welle kommt bestimmt) und ein Expertengespräch mit geladenen Gästen. Johannes Hemminger hat die Veranstaltung auf kulturmanagement.net ausführlich besprochen.
Ich beziehe mich hier nur auf einen Aspekt: das Publikum, das leider nicht – wie erhofft und wie es auch wünschenswert gewesen wäre – in Scharen die digitalen Angebote angenommen hat.
Ich liebe Experimente in den darstellenden Künsten, halte mich für aufgeschlossen und habe viele Formate ausprobiert. Man muss aber wohl konstatieren, dass das Publikum nicht in Strömen gekommen ist. Der Bühnenverein hat gerade publiziert, dass in der Saison 2020/21 genau 245.464 Tickets für digitale Formate verkauft wurden. Bezogen auf die 20.346.100 Tickets der Spielzeit 2018/19 sind das 1,2% (mehr in meinem Blogbeitrag „Erste Einblicke in die Theaterstatistik 2020/21 (Besuche = -86%))“.
In meinem Blog Kulturstreaming habe ich ausführlich über die vielen digitalen Angebote berichtet. Die Erkenntnisse waren nicht immer positiv. Denn: Viele Menschen haben sich nach 10-15 Minuten wieder aus den Streams verabschiedeten und die Zahlungsbereitschaft bei meiner Befragung im April/Mai 2020 ergab einen Durchschnitt von 5€ (50% der Befragten waren dabei grundsätzlich nicht zu einer Bezahlung bereit).
Als einer der Panelteilnehmer und Experte war Markus Lobbes von der Akademie für Theater und Digitalität eingeladen, der naturgemäß einen etwas anderen Blick auf die Dinge hat als ich.
An einer Stelle waren Markus Lobbes und ich uns aber einig: ökonomisch haben die bisherigen digitalen Angebote keine Chance im Vergleich zu bisherigen Geschäftsmodellen. Nur zur Veranschaulichung habe ich hier mal die Zahlen für ein durchschnittliches Opernhaus mit 1.050 Plätzen und 7 Preiskategorien dargestellt (fiktiv).

Einem möglichen Massettenwert (möglicher Gesamterlös einer Vorstellung, wenn alle verfügbaren Plätze zum Vollpreis verkauft werden), standen im digitalen Raum theoretisch zwar unbegrenzt Plätze zur Verfügung, es wurden aber i.d.R. nur wenige dutzend bis hundert verkauft. Wir werden sehen, was die neue Theaterstatistik 2020/21 des Deutschen Bühnenvereins dazu hergibt, wenn sie im Spätsommer hoffentlich verfügbar sein wird. Eine interessante Darlegung von Einnahmen und Kosten hat Kampnagel vor einiger Zeit für eine Festival-Produktion von NESTERVAL dargelegt (nachzulesen hier).
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