
Besucherforschung für Kultureinrichtungen ist nicht komplett ohne einen Blick auf die, die nicht ins Theater, die Oper oder ins Museum gehen, eben die Nicht-Besucher. Ein Forschungsobjekt, das langsam an Fahrt aufnimmt.
2019 ist das Buch „Nicht-Besucherforschung- Audience Development für Kultureinrichtungen“ von Prof. Martin Tröndle erschienen. Tröndle ist Inhaber einer Professur für Kulturmanagement in Konstanz (Würth Chair of Cultural Production an der Zeppelin-Universität in Friedrichshafen) und bisher u. a. bekannt für seine kontrovers aufgenommenen Bücher „Das Konzert“ (2011) und den Nachfolger „Das Konzert II“ (2018).
Kulturmanagement.net konnte Tibor Kliment, Professor für Empirisches Medien- und Kulturmanagement in Köln, für eine ausführliche Rezension gewinnen.
Tröndles einleitendes Kapitel zur Historie der (Nicht-)Besucherforschung ist erhellend, Kliment bemerkt aber das Fehlen einiger bekannter deutscher Autor*innen wie Keuchel und Reubrand (zu letzterem s. z.B. diesen Beitrag).
Als Empiriker bemängelt Kliment den Befragungsansatz Tröndles: die gewählte Gruppe, deren Kulturaffinität und Besuchshäufigkeit untersucht wird, lässt kaum Schlüsse auf die allgemeine Bevölkerung zu. Es handelt sich nämlich um eine nicht repräsentative Gruppe von ca. 1.200 Studenten aus Brandenburg und Berlin.
Interessant findet er allerdings den Ansatz, eine Gruppe von 80 Nicht-Besuchern gezielt in Theater- und Opernaufführungen mitzunehmen und sie vorher und nachher zu ihren Erwartungen und Erfahrungen zu befragen.
Kliments Fazit:
Lässt man dies [die methodischen Mängel, Anm. d. Verf.] beiseite, gewinnt die Studie aber mit dem originellen Ansatz, die Nicht-Besucher mit konkreten Aufführungserlebnissen zu konfrontieren. Dieses ermöglicht das Herausarbeiten von deren vorgefassten Erwartungs- und Erlebnismustern. Das Buch thematisiert die psychologischen und soziokulturellen Barrieren, die Nähe oder Distanz zur Kultur stiften, und veranschaulicht, inwieweit das konkrete Besuchserlebnisses die Kraft besitzt, diese Dinge zu verändern. Insofern ist die Studie zwar nicht der apostrophierte große Wurf, aber ein interessantes, zusätzliches Puzzlestück der Nicht-Besucherforschung.
Das Buch ist damit für Kulturschaffende und Kulturmarketing relevant, für Studierende der Kulturwissenschaften und alle, die einen schnellen Einstieg in das Thema Nicht-Besucherforschung suchen.“
Die vollständige Rezension von Tibor Kliment finden Sie hier. In diesem Zusammenhang verweise ich auch gerne auf diese Ausgabe des KM Magazins (9/2019), die sich dem Thema „Audience Development“ widmet – mit Beiträgen u. a. von Irene Knava, Vera Allmanritter und Thomas Renz (letztere beide heute beim IKTF in Berlin).
Nicht-Besucherforschung. Prof. Martin Tröndle (Hrsg.). Springer, 2019

Dieser Beitrag ist erstmal am 17.09.2019 im Eventim.Inhouse-Blog erschienen.
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