
Der Weserkurier berichtet heute über die Nutzung des Kulturpasses in Bremen (bundesweit €200 für alle, die 2023 18 Jahre alt wurden oder werden, 100 Mio. Euro Budget). Ich hatte vor einiger Zeit eine Zwischenbilanz hier veröffentlicht.
Ende September war ich auf der Kundentagung eines kleineren Ticketinganbieters in Norddeutschland. Ca. 60 Teilnehmer:innen verschiedener Kultureinrichtungen waren vor Ort. Eine informelle Umfrage ergab: alle Anbieter zusammen hatten bis zu diesem Zeitpunkt 17 Karten über die Kulturpass-App verkauft.

Gut zu funktionieren scheint der Pass in Bremen für Jugendliteratur, aber nur die zum Douglas-Konzern gehörende Thalia-Kette ist bisher wohl erfolgreich, nennt allerdings weder Umsatz noch Anzahl der verkauften Bücher oder Artikel). Auch die Kinos geben ein gemischtes Bild ab, genaue Zahlen nennt nur das Cinestar in Bremen und spricht von ca. 300 Nutzungen im Monat.
Ein Blick auf das Angebot für die Bühne zeigt 21 Ergebnisse für den heutigen 24.11.2023 in Bremen und Umgebung. Die Eingrenzung erfolgte über die Filterfunktion auf Bühne, Umgebung und Tag = heute und ist schnell gemacht. Registriete Nutzer:innen können diese Angaben wohl auch in ihrem Profil abspeichern.

(Circus Roncalli erscheint 2x, sicher ein Konfigurationsfehler)
Fürs Theater allerdings sieht es mau aus:
In diesem Bereich ist das Bild am unschärfsten. Ganze sieben Karten seien bisher per Kulturpass geordert worden, meldet etwa das Theater Bremen. Da diese Verkäufe ausschließlich digital über den Ticketanbieter Eventim abgewickelt werden, vermutet Sprecherin Diana König, dass das Theaterangebot in der App schlecht zu finden ist. Auch bei der Shakespeare Company merkt man an, dass sich der Aufwand bisher nicht gelohnt habe. Zudem sei das System für Abiturklassen, die eine Vorstellung gemeinsam besuchen, unpraktisch und die Abrechnung von Gastspielen schwierig.
Im Theater Bremen läuft heute abend im Großen Haus die Oper „Dr. Atomic“. Der Kulturpass bietet einen Wert-Code für 10€ an. Gebucht wird über Eventim.de, ein Serviceangebot für alle Theater, die die Software Eventim.Inhouse nutzen (die überwiegende Mehrzahl der Stadt- und Staatstheater macht das), da die Implementierung der Zahlart Kulturpass für einzelne Theater zu aufwändig wäre (s. auch die Klagen der Buchhändler im Artikel).
Im Webshop von Theater Bremen ist hier für die heutige Aufführung ein Platz in der PK2 (spielt aber für Schüler:innenkarten keine Rolle), Reihe 6, ausgewählt. Für Azubis läuft im November eine besondere Aktion: der Eintritt ist den ganzen Monat über kostenlos.

Als Systemgebühr fällt beim Theater Bremen €0,57 an.

Bremer Studierende können übrigens komplett kostenlos über das Semesterticket ins Theater gehen. Studierende aus anderen Städten zahlen auch hier in jeder Preiskategorie €9.
Nachfolgend wird die Buchungsstrecke über die Eventim APP gezeigt. Zuerst wird der Hinweis aus der Kulturpass-App über die Nutzung gezeigt (ich konnte das nicht ausprobieren, der Link hat für mich nicht funktioniert, möglicherweise hängt das damit zusammen, das ich nicht registriert bin). eine direkte Buchung ist wohl nicht möglich, ein muss ein Wert-Bon erworben werden. Wie das geht, konnte ich nicht nachvollziehen mangels Zugangsdaten.
Bei Eventim folgt auf die Suche nach Dr. Atomic (einfach) die Platzauswahl, hier als Bestplatz-Buchung ohne Saalplan in der PK 2 für €51,90 (Preiskategorie spielt bei Schüler:innen im späteren Verlauf des Buchungsprozesse keine Rolle mehr):






Die Buchung über das Theater Bremen ist günstiger als über Eventim (€9,57 vs. €11,90). Da der Kulturpass nur bei Eventim eingesetzt werden kann, dient der Webshop des Theaters hier aber nur als Vergleich, nicht als Alternative. Wer über das Theater direkt bucht, kann den Kulturpass nicht einsetzen.
Wer allerdings mit den Feinheiten von Buchungen nicht vertraut ist, wird sich mit dem Finder der richtigen Preiskategorie und Ermäßigung sowohl bei Eventim als auch im Webshop des Theaters möglicherweise erstmal schwer tun. Die Einlösung des Wert-Bons konnte ich nicht testen, da mir keiner zusteht …
Man muss aber auch sehen: 18-Jährige, die von sich aus ins Theater gehen, sind eher selten. Kinder und Jugendliche gehen ins Theater, wenn Eltern oder Lehrer die Tickets buchen. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Allerdings „verstopfen“ die ca. 1,5 Mio. Bücher (s. Ergebnis auf dem nächsten Bild) aus dem kompletten Buchhandelssortiment die Datenbank des Kulturpasses. Eine Vorausauswahl gibt es nicht, nicht mal der Antaios-Verlag des der #noAfD nahestehenden Götz Kubitschek fehlt. Der Verlag wird seit 2021 vom Verfassungsschutz als rechtsextreme Bedrohung eingeschätzt und beobachtet. Einer seiner Autoren ist z. B. ein Martin Zellner, dessen Bücher in der Kulturpass-App so angezeigt werden (Ausschnitt):

Warum die Bundesregierung den Erwerb solcher Bücher aus Steuergeldern subventioniert, erschließt sich mir nicht.
Quelle: „Kulturpass für 18-Jährige: In Bremen profitieren viele Kinos.“ Weser Kurier, 24.11.2023; https://www.weser-kurier.de/bremen/kultur/kulturpass-fuer-18-jaehrige-in-bremen-profitieren-viele-kinos-doc7sxt2wy1eroo0z0u8ml (Paywall)
PS: Die Freischaltung des Kulturpasses für Jugendliche erfordert eine der folgenden Identifizierungsmöglichkeiten:
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[…] Unabhängig von den o.a. Zahlen gab es letztens einen Beitrag im Weser Kurier zum KulturPass in der Region. Das Theater Bremen meldete zu dem Zeitpunkt ganze 7 Einlösungen (s. meinen Blogbeitrag dazu hier). […]