
Zwei Studien zum Publikumsverhalten sind in diesen Tagen veröffentlicht worden: eine Studie zu Theaterbesuchen in NRW (Beitrag folgt) und die diese Studie von L’Oeil du Public.
Die Agentur L’Oeil du Public (Das Auge der Öffentlichkeit) hat nach Studien zum Publikumsverhalten in der Schweiz in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Museumsbund nun eine ähnliche Studie für den deutschen Markt veröffentlicht.
Drei Leitfragen bestimmen die Untersuchung:
- Inwieweit hat die deutsche Bevölkerung nach Corona ihre Kulturbesuche wieder aufgenommen?
- Wie steht es um die Zukunftsaussichten?
- Welchen Stellenwert haben digitale Kulturangebote?
Fazit:
Trotz des allmählichen Rückgangs der Pandemie und des damit einhergehenden Anstiegs der Besucherzahlen in bestimmten Institutionen, insbesondere in Museen, stellt die Studie auch fest, dass die Rückkehr des Publikums teilweise eine Herausforderung darstellt. Eine Ursache dafür ist die gesteigerte Tendenz, mehr Zeit zu Hause zu verbringen. Überraschenderweise spielt die Angst vor einer Infektion mit dem Coronavirus nach wie vor eine deutliche Rolle.
Ein Blick auf die einzelnen Ergebnisse
34% der Befragten äußern selbst im Februar 2023 noch Bedenken gegen den Besuch von Kultureinrichtungen, 57% denken, dass die Coronapandemie vorüber sei und 57% sind bereit, Kulturbesuche wieder aufzunehmen.
Während der Corona-Pandemie hat es den bereits viel zitierten Rückzug in die eigenen vier Wände gegeben. Auch diese Studie stellt fest: 58% der Befragten gehen weniger aus und 51% besuchen seltener Museen.

Auch finanzielle Gründe werden für die Zurückhaltung angegeben (die Forschung weiß, wie schwierig solche Angaben zu bewerten sind). 30% wollten ihre Ausgaben reduzieren. Es gibt aber auch eine gute Nachricht: 40% können sich vorstellen, einen deutschen Museumspass zu kaufen, wenn es ihn denn einmal geben sollte (in den Niederlanden ein sehr erfolgreiches Modell).
Auch die Arbeit im Homeoffice vermindert die Anzahl der Kulturbesuche, ein Phänomen, dass auch aus London oder New York bekannt ist: Pendlern, die früher nach der Arbeit noch ins Theater gegangen sind, fehlt heute die Gelegenheit. Ein Effekt, der möglicherweise mit der zunehmenden Reduktion der Arbeit im Homeoffice auch wieder rückläufig sein wird.
Differenziert nach Kultureinrichtungen gehen die Menschen eher ohne Bedenken in Freizeiteinrichtungen, die überwiegend Frischluft bieten wie Erlebnisparks und Zoos mit 64%, Theater. Oper, Tanz, Zirkus liegen bei 54% und Schlusslicht sind Festivals mit 46% (der Begriff ist nicht weiter spezifiziert, es ist unklar, ob es sich um Rock&Pop-Festivals oder um Festivals klassischer Musik handelt).
Auch die Nutzung von digitalen Angeboten wird abgefragt. Filme und Serien am heimischen Bildschirm sind Spitzenreiter in alten Altersklassen, das ähnelt aber auch sehr dem Angebot vor Corona, es ist einfach nur mehr geworden: mehr Streaming-Anbieter und ein stark ausgebautes Angebot der Mediatheken des ÖR.
Die Nutzung von digitalen Führungen oder Performances sinkt dann auch unter 30%, wobei der Kulturpublikum über die div. Kategorien bei leicht über 40% liegt. Immerhin 20% der Befragten geben an, dass das digitale Angebot Besuche vor Ort ersetzt hätten. Eine Zahlungsbereitschaft für digitale Angebote wurde anscheinend nicht abgefragt.
Nur 12% der Gesamtbevölkerung (Stichprobe: n=1032) besitzen Abonnements oder Mitgliedskarten für kulturelle Einrichtungen. 51% geben ungefähr gleich viel dafür aus wie vor Corona, 18% haben ihr Ausgaben erhöht, 17% vermindert und 7% geben an, ihre Mitgliedschaften gekündigt zu haben und stärker auf Einzelkarten zu setzen.
In der Schweiz hat es bereits mehrere dieser Untersuchungen über die letzten Jahre gegeben. Die deutsche Umfrage wurde ählich angelegt und soll ebenfalls wiederholt werden, so dass sich im Zeitvergleich Veränderungen im Publikumsverhalten leichter erkennen lassen werden.
Quelle: Kulturbesuche in Zeiten von Corona, Deutschland, März 2023
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[…] sich intensiv mit dem Verhalten der Besucher:innen während und nach der Pandemie (s. z. B. hier). Dies scheint hier in dieser Befragung kein eigener Themenblock gewesen zu sein. Erstaunlich […]