
Quelle: Photo by CEphoto, Uwe Aranas / © CEphoto (Wikimedia)
„Kultur für alle“ – ein Subventionsprogramm für Gebildete und Begüterte – das schreibt Pius Knüsel (Mitautor des Buches „Kulturinfarkt“*), am 26.2.23 in der NZZ.
Er spannt den großen Bogen von einer französischen Untersuchung zum Kulturverhalten der Franzosen aus dem Jahre 2009 (Ergebnis: „Èchec – Flop“, schrieb wohl Le Monde) zum Ende der Intendanz von Benjamin von Blomberg und Nicolas Stemann am Schauspielhaus Zürich.
Kultur sei nach wie vor ein Distinktionsmerkmal (Bourdieu). Die Zielgruppen seien eng und klein, vielleicht noch mehr als früher. Es gebe kaum Durchlässigkeiten zwischen den Gruppen. In Frankreich sei es in 30 Jahren Kulturpolitik weder gelungen, weitere Publikumsschichten anzusprechen noch, Ungleichheiten auszugleichen.
Trotzdem renne die Kulturpolitik immer noch den alten Idealen eines „Kultur für alle“ (Hilmar Hoffmann, 1979) nach und gebe Milliarden aus, um die Kulturtempel zu bauen oder zu renovieren (Ausgaben in der Schweiz: 1 Milliarde SFR in den letzten 10 Jahren, in Deutschland stünden aktuell Großprojekte mit einem Auftragswert von geschätzt ca. 10 Milliarden Euro an: Opern u. Schauspiel in Köln und Frankfurt, Oper Stuttgart, Komische Oper Berlin et al.).
Die Kulturpolitik fordere ständig mehr Geld, rede immer noch in Teilen von Gratisangeboten (derzeit wieder in Bremen ein Thema) und wolle nicht merken, dass ihre Angebote bei den neuen Zielgruppen, die sie im Auge hat, nicht verfange.
Tragisch sei „die Unehrlichkeit“, mit der die Kulturpolitik behaupte, Kultur für die Massen schaffen zu wollen, aber doch nur die gebildete obere Mittelschicht erreicht.
Theater für alle? Auch die nächste Intendanz in Zürich werde wieder „Theater für alle“ machen, „es wird bloss Theater für andere sein“.
Quelle: „Die Kulturpolitik braucht dringend mehr Ehrlichkeit„, NZZ, 26.3.2023 (Anmeldung erforderlich, Paywall)
* „Der Kulturinfarkt“, Armin Klein, Dieter Haselbach, Pius Knüsel, Stephan Opitz (Blogbeiträge von Armin Klein und Dieter Haselbach)
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