in Publikumsschwund

Wann wird es wieder so, wie es noch nie war? Von Thomas Renz, IKTF

Bild: Blick zurück in die Vergangenheit?
Quelle: Dall-E mit Vorgaben des Autors

Viele Leser:innen werden das Buch von Joachim Meyerhoff „Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war“ gelesen haben und/oder werden demnächst die Verfilmung in der Regie von Sonja Heiss im Kino ansehen.

Thomas Renz vom Institut für kulturelle Teilhabeforschung Berlin (mehr zum IKTF hier) hat den abgewandelten Buchtitel benutzt, um in der aktuellen Ausgabe des KM Magazins vor falscher Nostalgie zu warnen. Denn: vor der Pandemie war im Kultursektor sei eben nicht alles besser gewesen:

Aber Hand aufs Herz! War die Situation bis Februar 2020 denn so viel besser? Happy Days im Land der Dichterinnen und Denkerinnen? Wartelisten für Theaterabos? Wegen Überfüllung geschlossene Museen? Nicht wirklich. Ein Blick in die damaligen Vorträge der Kolleg*innen und des Autors selbst spricht Bände: Die Themen waren bekannt und beliebt: „Kulturelle Teilhabe für alle? Konsequenzen für Kulturpolitik und Kulturmanagement“, „Durch (Nicht-)Besucher*innenforschung Gelegenheitsbesucher ins Theater bringen!“ oder „Das Publikum der Zukunft“. Denn seit vielen Jahren war bereits klar, dass es so wie damals eigentlich nicht weitergehen konnte. Deshalb sollten die wesentlichen Herausforderungen, die der Kulturbetrieb bereits seit den 2010er Jahren diskutierte, doch allen bekannt gewesen sein …

Das Publikum habe sich verändert, aber die Veränderungen seien abzusehen gewesen. Junges Publikum fehle (nach nie vor), älteres Publikum sei weggebrochen. Eine wichtige Erkenntnis des IKTF, schon vielfach vorgetragen, aber wahrscheinlich noch nicht so richtig im Markt angekommen sei, dass wir es nicht mit einer Alters- sondern einer Generationenfrage zu tun hätten:

Ein bestimmtes Verhalten (z. B. Besuch einer Kulturveranstaltung) tritt nicht mit dem Beginn eines gewissen Alters ein, es ist vielmehr von der Generation abhängig, in welcher eine Person sozialisiert wurde.

Einer der Gründe, warum Publika bisher (noch) nicht wieder in die Kulturveranstaltungen zurückgekehrt seien, sei das Long Couching (vom DLF so benannt und hier beschrieben). Als Nachweis führt er eine aktuelle Schweizer Untersuchung an, die das für den Schweizer Markt empirisch bestätige:

„Ich habe mich daran gewöhnt, zuhause zu sein und habe
heute weniger Lust, auszugehen.“

42 Prozent der Teilnehmenden der Online-Befragung „Kulturbesuche in Zeiten von Corona„, Nov. 2022 (PDF)

Leider sei eine Rückkehr zum „weiter so“ in der Kultur zu beobachten, möglicherweise werde die Chance, die die Pandemie zu Veränderungen geboten habe, nicht genutzt werden.

Quelle: Thomas Renz „Wann wird es wieder so, wie es noch nie war?„, KM Magazin #170, Jan/Feb. 2023 (PDF)

PS: Der Schwerpunkt des Heftes liegt zwar auf dem auch sehr wichtigen Thema „Postkolonialismus“, trotzdem war noch Platz für einen weiteren Beitrag zum Thema Publikumsschwund: „Postpandemischer Publikumsschwund … als Auslöser für Publikums- und Transformationsstrategien öffentlich getragener Theater“ von Birgit Mandel und Maria Nesemann (demnächst mehr in diesem Blog).


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  • Relevanzmonitor Kultur der Bertelsmannstiftung erschienen – Publikumsschwund

    […] von Forsa unter Beratung des IKTF (s. z.B. hier und hier) wurden im März und April diesen Jahres ca. 2.500 Bundesbürger […]

  • Neue Besucherzahlen: Kommt die Kultur aus der Krise? – WDR 3 – Publikumsschwund

    […] Die Beiträge sind kurz und knackig und können in der WDR Audiothek nachgehört werden. Im ersten Beitag spricht Peter Grabowski u.a. mit Gerald Mertens von unisono/DOV (s. Beitrag hier) und Vera Allmanritter vom IKTF in Berlin (s. Beitrag hier). […]