
Quelle: KF at English Wikipedia, Public domain, via Wikimedia Commons
Der Wiener Standard hat die Wiener Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler und den Kulturmanager Fabian Burstein um eine Einschätzung der Lage in den österreichischen Theatern gebeten.
Zwei sehr gegensätzliche Meinungen prallen aufeinander.
Veronica Kaup Hasler ist optimistisch und fordert Unaufgeregtheit und Mut. „Besucherschwund“ sei das Unwort des Jahres. Viele Menschen hätten sich noch nicht vom Ausnahmezustand verabschiedet und würden den öffentlichen Raum und Kulturinstitutionen weiter meiden.
Angesichts dieser Realität braucht es Unaufgeregtheit, Kreativität und Mut zum Risiko – vonseiten der Veranstalter ebenso wie vonseiten des Publikums und auch der Kritik: Die derzeit tretmühlenartig wiederholte „Analyse“, früher sei – bevorzugt an den heimischen Sprechtheatern – alles besser gewesen und das Problem mit dem fehlenden Publikum sei hausgemacht: Sie greift zu kurz.
Fabian Burstein* ist eher pessimistisch und sieht eine Verweigerungshaltung bei Kultur und Kulturpolitik. Die Theater seien von der Krise überrollt worden. Allerdings hätten sich die Zustände längst abgezeichnet, die Theater hätten sich aber wohl auf eine längere Schonfrist eingestellt. Die Kultur könne zur „Triebfeder des gesellschaftlichen Wandels“ werden. Könne, denn:
Hier beginnt das eigentliche Versagen von Kulturmanagement und Politik, das in seiner Renitenz doch ein bisschen beschämend ist. Publikumsschwund und Relevanzverlust werden als schicksalhafte Konsequenz „äußerer Umstände“ eingeordnet – so, als ob vorher alles gut gewesen wäre. Die Parole lautet: aussitzen. Theater hat Long Covid, sagen die Verantwortlichen, und legitimieren damit eine Verweigerungshaltung, die den Kulturbetrieb als Sinnbild für Fortschritt und Aufklärung ad absurdum führt.
Quelle: „Für und Wider: Stecken die Theater in der Krise?„, Der Standard (Wien), 22.2.2022
*Fabian Burstein hat erst kürzlich die Streitschrift „Eroberung des Elfenbeinturms“ mit Forderungen für eine bessere Kultur (vor allem in Österreich) veröffentlicht. Eine Rezension hier im Blog ist geplant.
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