in Publikumsschwund

Das Versteck der Dilettanten – Matthias Hartmanns Debattenbeitrag im Spiegel

Ein Regisseur versteckt sich im Theater
Quelle: Die KI Dall E nach Vorgaben des Autors.

Nach der Coronapause kommt das Publikum nicht mehr zurück ins Theater. Es hat eh nur gestört.

Matthias Hartmanns (ehemals Intendant in Bochum und am Burgtheater) steile These ist, dass die Theater eher lokal verortet sind, die Theaterkritik aber national. Und dass das Bestreben vieler Intendanten und Regisseure eher sei, in der Kritik vorzukommen als für das Publikum zu spielen. Folgerichtig würden in den Rankings der Kritiker eher die schlecht besuchten Theater auftauchen, während man in der Szene „naserümpfend“ auf die erfolgreichen Häuser herunterblicke.

Das Publikum fehle nicht einmal, seine Anwesenheit störe je eher. Das spüre es und deshalb bleibe es weg. Und deshalb sei es eigentlich unfair, wenn Journalisten sich mit dem Publikumsschwund beschäftigten, sie hätten ihn schließlich mit verursacht und seien Teil des Problems.

Im Spagat zwischen Bedeutung und Publikum sind versierte Theaterdirektoren um eine gesunde Balance bemüht. Sie kennen das Problem. Woran aber liegt es nun, dass ausgerechnet in den Theatern, die die größte überregionale Ausstrahlung haben, inzwischen eine Art ästhetische Streamline entstanden ist? Plötzlich hörte sich alles gleich an und sah ähnlich aus. Überschreibung, Performance, Dekonstruktion, das ist das Vokabular des Bedeutungstheaters.

Hartmann behauptet weiter, dass es im deutschen Kulturraum nur wenige Regisseure gebe, die überhaupt in der Lage seien, das Publikum zu fesseln. Der Rest seien eben die titelgebenden Dilettanten, die sich im Theater versteckten.

Hartmanns Fazit: Die Balance sei gestört. Das Bedeutungstheater habe überhand genommen, das Publikum habe darauf keine Lust mehr.

Quelle: Das Versteck der Dilettanten. Debattenbeitrag von Matthias Hartmann. Der Spiegel, 2.12.2022 (Paywall)


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