in Publikumsschwund

Horror Vacui im Zuschauerraum

Bild: Created by Dall-E by Rainer Glaap

Uwe Mattheis nähert sich in der TAZ vom 16.11.22 dem Phänomen Publikumsschwund.

Er beschreibt einen Besuch im Wiener Volkstheater, seit 2020 unter der Leitung von Kay Voges (vorher Schauspiel Dortmund). Bei seinem Besuch einer Sebastian Baumgarten-Inszenierung verloren sich an einem Samstagabend gerade mal 120 Zuschauer:innen in einem Haus mit 832 Sitzplätzen.

Zur Bedeutung großer Theater stellt er fest:

Große Theater sind Anachronismen in einer Gesellschaft, die sich immer mehr in voneinander abgrenzende Milieus ausdifferenziert, die ihre Identitäten entlang einer ausgesuchten (alltags)kulturellen Praxis herausbildet und sie nicht mehr nur vom ökonomischen Status ableitet. Der gesamte Kulturbetrieb gerät immer mehr in den Dienst der Reproduktion von Milieuidentitäten, die „feinen Unterschiede“ zeigen sich im Kulturkonsum.

Dabei sollten Theater seiner Meinung nach gerade heute den wichtigen „Zwischenraum“ bieten, den wir als Gesellschaft zur Vermittlung und Begegnung der Blasen so dringend bräuchten.

Die Frage der Diversität spiele eine große Rolle, bei der letzten Wahl in Wien seien 28% der Bevölkerung nicht wahlberechtigt gewesen (zum Vergleich: der Ausländeranteil in Stuttgart 2020 beträgt 25%*). Auch dieser Teil der Bevölkerung müsse dringend adressiert werden.

Er beklagt die „Krisenstrategien“ zur Bekämpfung des „Horror Vacui“, sich bei anderen Künsten, insbesondere der freien Szene, zu bedienen zur Diversifizierung des Programms. Das sei aber in der Regel nicht von Erfolg gekrönt, da weder Produktionsmethoden noch Aufführungen in den Repertoirebetrieb eines Stadttheaters passen würden.

Quelle: „Mit fremden Federn gegen den Schwund„. TAZ, 16.11.2022

* Quelle: Statista


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